Foto: Farina Deutschmann
Laura Bornmann, Expertin für Human Resources und LinkedIn Top Voice, gilt als führende Stimme für New Work und New Leadership in Deutschland. Im Interview erzählt sie, wie ihre erste Führungsrolle ihre Sicht auf Führung revolutionierte: „Empathie und Authentizität sind der Schlüssel zu echter Verbindung.“ Sie spricht über die Bedeutung generationenübergreifender Zusammenarbeit, moderne Unternehmenskulturen und ihre persönliche Entwicklung – ein inspirierender Einblick in die Zukunft der Arbeitswelt!
Laura, du bist schon seit vielen Jahren eine der führenden Stimmen im Bereich New Work und New Leadership. Was hat dich ursprünglich an diesen Themen so fasziniert, und wie hat sich deine Leidenschaft dafür im Laufe der Jahre entwickelt?
Meine Begeisterung für diese Themen entstand mit meiner ersten Führungsrolle. Eigentlich hatte ich nie geplant, im HR-Bereich zu arbeiten, doch mein damaliger Chef erkannte etwas in mir, das ich selbst nicht erkannte: mein Potenzial und meine Leidenschaft für People-Themen sowie Führung. Diese Position brachte große Verantwortung mit sich – nicht nur, weil ich den kulturellen Wandel im Unternehmen verantworten sollte, sondern auch, weil ich als Führungskraft selbst Vorbild war. Das hat mich gefordert und gleichzeitig war ich beeindruckt, was mit einem emphatisch-nahbaren Führungsstil alles möglich war. Dabei wurde mir zunehmend klar, wie wichtig es ist, Führung und Unternehmenskultur neu zu denken, um eine Arbeitswelt zu schaffen, die Menschen stärkt, motiviert und wachsen lässt.
Bereits mit 28 Jahren warst du Führungskraft für 18.000 Mitarbeiter. Was waren die wichtigsten Lektionen aus dieser Rolle, die deine späteren Ansichten zur modernen Führung beeinflusst haben?
Diese Rolle war zu Beginn eine enorme Herausforderung, aber gleichzeitig auch der prägendste und wichtigste Entwicklungsschritt in meiner Karriere. Dabei habe ich erkannt, dass Führung heute weit mehr sein muss, als Anweisungen zu geben und Ergebnisse einzufordern.
„Mir wurde klar, wie essenziell es ist, als Führungskraft nahbar und authentisch zu sein. Ich habe gelernt, dass Verletzlichkeit und das Eingestehen von Schwächen kein Zeichen von Schwäche sind, sondern der Schlüssel zum Erfolg.“
Denn wer sich verletzlich zeigt, baut Vertrauen auf – und genau das schafft die Grundlage für echte Verbindung und Identifikation.
Wir brauchen ein neues Verständnis von Führung: ein „Sowohl-als-auch-Narrativ“, das Menschlichkeit und Leistung miteinander vereint. Für mich ist moderne Führung nicht nur menschenorientiert, sondern auch der einzig nachhaltige Weg, um in unserer komplexen und dynamischen Welt langfristig erfolgreich zu sein.
Du setzt dich dafür ein, verschiedene Generationen in der Arbeitswelt miteinander zu verbinden. Welche Methoden funktionieren hier besonders gut, um Generationen effektiv zusammenzubringen?
Wir wissen heute, dass Diversität – auch in Bezug auf das Alter – Innovation, Kreativität und bessere Ergebnisse fördert. Doch Vielfalt bringt auch Reibungspunkte mit sich, vor allem am Anfang. Diese Konflikte sind jedoch wertvoll, wenn wir sie nutzen, um bessere Produkte und Dienstleistungen sowie ein tieferes Verständnis füreinander zu entwickeln. Wichtig ist, dass wir den Dialog zwischen den Generationen fördern, denn oft sind die Bedürfnisse gar nicht so unterschiedlich, wie wir annehmen. Ich empfehle Unternehmen beispielsweise moderierte Workshops, in denen Mitarbeitende unterschiedlicher Generationen offen über ihre Perspektiven und Wünsche sprechen. Solche Gespräche zeigen meist, dass es mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede gibt.
Ein weiteres wertvolles Instrument ist Reverse Mentoring. Dabei lernen jüngere und ältere Mitarbeiter voneinander, indem sie sich regelmäßig austauschen. Die ältere Generation bringt ihre Erfahrung ein, während die jüngere Generation neue Denkweisen und Technologien erklärt. Das stärkt nicht nur das gegenseitige Verständnis, sondern auch den Zusammenhalt im Unternehmen. Außerdem finde ich es wichtig, dass wir uns in die Perspektive der anderen Generation hineinversetzen. Wie fühlt es sich beispielsweise an, in einer Welt aufzuwachsen, in der Social Media ständige Rückmeldungen erforderlich macht? Oder umgekehrt: Wie fühlt es sich an, nach jahrelanger Leistung plötzlich das Gefühl zu haben, weniger geschätzt zu werden? Solche Übungen öffnen den Blick und schaffen Empathie.

In deiner Arbeit mit Start-ups, Familienunternehmen und Konzernen bringst du ganz unterschiedliche Perspektiven zusammen. Welche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede im HR-Bereich faszinieren dich dabei besonders?
HR-Arbeit ist universell – und damit oft auch die Herausforderungen, unabhängig davon, ob es sich um einen Konzern, ein Familienunternehmen oder ein Start-up handelt. Im Kern geht es überall um dieselbe zentrale Frage: Wie schaffen wir eine Unternehmenskultur, in der Menschen gesehen werden, sich entfalten können und ihre Arbeit nicht nur als Pflicht, sondern als sinnstiftend erleben? Wie wecken wir Lust auf Leistung und fördern echte Identifikation mit dem Unternehmen? Die Herangehensweisen unterscheiden sich dabei natürlich und wir alle können voneinander lernen.
„Konzerne können von Start-ups lernen, agiler zu sein, pragmatischere Entscheidungen zu treffen und schneller auf Veränderungen zu reagieren. Start-ups wiederum profitieren von den etablierten Strukturen und Prozessen großer Unternehmen, die Stabilität und Effizienz ermöglichen.“
Familienunternehmen bringen eine weitere, besondere Perspektive mit ein: Sie zeichnen sich häufig durch starke Werte, eine langfristige Denkweise und ein enges Vertrauensverhältnis zu ihren Mitarbeitenden aus. Allerdings stehen sie oft vor der Herausforderung, Traditionen mit der notwendigen Modernisierung in Einklang zu bringen. Immer geht es um Menschen und eines bleibt unabhängig von der Unternehmensgröße oder -form gleich: Menschen sehnen sich nach einer wertschätzenden, authentischen Führungskultur, die Raum für persönliche Entwicklung und Innovation bietet. Genau diese Kultur ist der Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg – für Unternehmen jeder Art und Größe.
Zum Abschluss eine persönliche Frage: Wie sorgst du persönlich dafür, dass du selbst inspiriert und engagiert bleibst – und welche Weiterbildungen machen dir dabei besonders Freude?
Ich mag diese Frage und finde, wir sollten sie viel häufiger stellen. Denn ich bin überzeugt:
„Führungskräfte können nur dann inspirierend sein, wenn sie selbst inspiriert bleiben. Für mich steht dabei der Austausch mit anderen Menschen an erster Stelle.“
Ich habe das große Glück, regelmäßig beeindruckende Personen zu treffen, die mir neue Perspektiven eröffnen. Ich höre gerne zu, stelle viele Fragen und versuche, aus jedem Gespräch so viel wie möglich mitzunehmen. LinkedIn ist für mich ebenfalls eine wertvolle Plattform, um spannende Impulse zu sammeln und mit inspirierenden Menschen in Kontakt zu kommen. Diejenigen, die mich beeindrucken, schreibe ich oft einfach direkt an, um ihnen zu sagen, was mich an ihrer Arbeit begeistert. Aus solchen Gesprächen entstehen oft neue Verbindungen und Erkenntnisse.
Darüber hinaus investiere ich gezielt in meine persönliche Weiterentwicklung: Ich lese, höre Podcasts und bilde mich regelmäßig weiter. Aktuell bin ich im zweiten Jahr meiner Coaching-Ausbildung, die mich auf vielen Ebenen bereichert. Besonders wertvoll für mich ist, dass ich nicht nur ein tieferes Verständnis für andere entwickeln konnte, sondern auch gelernt habe, mich selbst besser zu verstehen. Lange Zeit war mir nicht klar, was mich wirklich antreibt, was mich bewegt und was ich wirklich gut kann.
Vielen Dank für das Gespräch!